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Blog Nr. 9 – 17.11.2022

Haria Titan Trail Lanzarote

Nachdem ich rund zwei Monate mit Verletzungspech zu kämpfen hatte, hoffte ich auf einen versöhnlichen Saisonabschluss mit guten Resultaten. Da in der Schweiz im November die Trailrunning-Saison allerdings mehr oder weniger zu Ende ist, suchte ich nach einer Herausforderung im Ausland. Mit dem Haria Titan Trail auf der Insel Lanzarote konnte ich ein spannendes Rennen finden, welches mit 42km und rund 2'100 Höhenmetern ein vielversprechendes Profil aufwies. Dem gelungenen Abschlusswettkampf stand also nichts mehr im Wege!

Bin ich bereit?

Die Frage «Bin ich bereit?» stellt sich vermutlich manch ein Läufer vor einem grösseren Wettkampf. Vor allem, wenn die Vorbereitungen alles andere als perfekt verliefen. Seit Beginn meiner Entzündung am Fuss Anfangs September trainierte ich über mehrere Wochen ausschliesslich auf dem Rennrad oder Mountainbike und ergänzte mein Training mit Kraftübungen. So konnte ich glücklicherweise eine gute Grundfitness aufrechterhalten, dennoch fehlten wichtige Wochen des spezifischen Lauftrainings. Nach Verletzungen ohne Laufen in den Bergen muss sich mein Körper vor allem wieder an die Auf-/ und Abstiege gewöhnen. Glücklicherweise konnte ich vor dem Wettkampf rund 3 Wochen qualitatives Lauftraining absolvieren, was vor allem auch für den Kopf wichtig war. Die klimatische Vorbereitung auf heisse Temperaturen erwies sich ebenfalls als schwierig, vor allem an meinem Wohnsitz in Davos herrschten bereits über mehrere Wochen kühle Temperaturen. Am Wochenende vor dem Wettkampf dann der Wintereinbruch und beinahe hätte ich bereits die Skier aus dem Keller geholt. Diszipliniert wie ich bin, fokussierte ich mich aber trotz 30cm Neuschnee auf zwei gute Abschlusstrainings. Am Freitag 18km durch den Schnee stapfend und am Samstag 3 x 20’ Wettkampftempo Up & Down als letztes Schlüsseltraining vor dem Wettkampf.

Wettkampfwoche

It’s Raceweek! Die Wettkampfwoche startete mit einem Ruhetag, viel «chillen» und natürlich ein obligater Besuch im Kaffee. Am Dienstag morgen ging das Abenteuer los, wie jedes Mal mit massivem Übergepäck, doch als Läufer will man doch für alle Situationen die richtigen Kleider dabeihaben – sogar für Schnee auf Lanzarote? Nach einem angenehmen Flug erreichte ich die Insel und wurde von meinem spanischen Kumpel Saul am Flughafen abgeholt. Seit nun 8 Jahren lebt Saul in Chur und gemeinsam mit einem richtigen «Local» unterwegs zu sein, war eine geniale Erfahrung. Wir hatten eine gute Zeit, bereiteten uns aber auch gezielt auf den Wettkampf vor. Am Mittwoch fuhren wir nach Haria, um von dort aus einen Teil der Strecke zu begutachten. Wie oft in einer Wettkampfwoche fühlte sich mein Körper irgendwie komisch an und das Laufgefühl war jetzt auch nicht gerade prickelnd. Da ich dies allerdings häufig erlebe, war ich wenig beunruhigt. So verging die Woche schnell mit kurzen Laufeinheiten, regelmässigen Besuchen am Strand, gutem Essen und der aufbrausenden Nervosität. Let’s Go!

Race Day

Um 05.00 Uhr klingelte mein Wecker. Fokussiert und mit einer guten Energie im Körper startete ich meine letzten Vorbereitungen. Frühstücken, Musik hören, kurzes Warm-Up und natürlich die Schuhe mit perfekter Kraftverteilung schnüren. Nach ca. drei Anläufen hat es sich dann auch richtig angefühlt! Anschliessend mit dem Auto rund 40min zum Start fahren, einlaufen und dann stand ich bereits an der Startlinie. Tolle Stimmung, motivierte Spanier und ein noch motivierter DJ, der mit ohrenbetäubender Musik vollgas gab. Um 08.00 Uhr ging es los! Meinen Plan, ein aktives Rennen zu laufen, verfolgte ich von Beginn weg. Ich lief an der Spitze und sorgte für ein gutes Tempo. Mit sehr vielen Auf- und Abstiegen bespickt, war die Strecke sehr fordernd und eine regelmässige Anpassung des Laufrhythmus war gefragt. Im ersten längeren Aufstieg (rund 500Hm) fühlte ich mich kraftvoll und konnte so einen kleinen Vorsprung herauslaufen. Aufgrund einer verpassten Abzweigung war der Vorsprung aber auch wieder hinüber. So hatte ich etwas Zeit, um mit meinem Mitkonkurrenten aus Gran Canaria einen kurzen Schwatz zu halten, sympathisch. Im folgenden Downhill – definitiv zum jetzigen Zeitpunkt nicht meine grösste Stärke – musste ich meinen neu gewonnen Kumpel leicht ziehen lassen. Nur wenige Minuten später musste dieser das Rennen aufgrund Schmerzen im Knie allerdings aufgeben. Von der einen auf die andere Sekunde veränderte sich mein Rennen komplett. Plötzlich alleine an der Spitze – eine ganz stressige Situation, um ehrlich zu sein! Das Rennen war allerdings noch lang, so versuchte ich ruhig zu bleiben und meinen guten Rhythmus beizubehalten.

Meine Verpflegung hatte ich soweit im Griff, alle 30min einen Gel und 0.5l Wasser mit kohlenhydrathaltigem Pulver, welches ich schluckweise zu mir nahm. Bei km 22 dann die erste Verpflegung, wo ich auf meine Betreuer traf. Ich trank viel Wasser, kühlte mich und führte das Rennen mit einer neuen 0.5l Flasche fort. Weiterhin gut fühlend, spulte ich die Kilometer ab, bis bald auch die erwartete Krise Realität war. Die sehr heissen Temperaturen in Kombination mit zu wenig Flüssigkeit (im Nachhinein betrachtet), liessen meine Kräfte schwinden. Ich besuchte ein paar ganz dunkle Orte und auch mein Tempo reduzierte sich ungewollt. Von da an begann der mentale Kampf und kleine Zwischenziele halfen mir den Schmerz zu unterdrücken. Glücklich war ich vor allem, als ich den schattigen und sehr steilen Aufstieg bei ca. Km 33 erreichte. Endlich etwas gehen, ohne dabei Zeit zu verlieren! Der Aufstieg, welcher eigentlich meine Stärke sein sollte, wurde zum Kampf. Endlich oben angekommen – Verpflegung! Ich trank viel Wasser und kühlte meinen Körper, das fühlte sich gut an. Mein Vorsprung war zu diesem Zeitpunkt auf ca. 2min geschrumpft, ich spürte den Atem der Konkurrenz im Nacken. Mental hatte ich den Sieg beinahe aufgegeben zu diesem Zeitpunkt, versuchte aber nochmals einen Gel zu mir zu nehmen. Und plötzlich war sie wieder da, die Energie im Körper und damit auch die mentale Stärke! Die Beine liefen plötzlich wieder sehr rund und so nahm ich entschlossen die letzten 5 km in Angriff, die letzten 5 km vor der Saisonpause. Bis ins Ziel konnte ich dadurch meinen Vorsprung nochmals um drei Minuten ausbauen und dann endlich der erlösende Moment. Die Stimmung im Zielraum grossartig und gefühlt die ganze Insel war da, um meinen Zieleinlauf zu sehen. Grossartige Emotionen - 1. Rang in 4h15min!

Done and dusted

Das war die Saison 2022! Einmal mehr erlebte ich alle Facetten des Sports, Hochs und Tiefs im stetigen Wechsel. Von der erfolgreichen ersten Saisonhälfte, über die von Verletzungen geprägte zweite Hälfte bis zur Vertical Kilometer PB in Chiavenna und dem Sieg auf Lanzarote. Ein Jahr hartes Training, tägliche Disziplin, Verzicht - und das alles für den 30 sekündigen Zieleinlauf als Sieger im Mittelpunkt, wo ich mich persönlich eigentlich gar nicht wohl fühle. Als Lohn für die ganze Arbeit eine Trophäe, weder Geld noch Reisespesen oder dergleichen. Und trotzdem stehe ich jeden Morgen motiviert auf, um das zu tun, was ich am besten kann und seit Tag 1 meine grosse Leidenschaft ist.

Wenn du bis hier gelesen hast, hast du ebenfalls Ausdauer bewiesen. Heute ist ein guter Tag, um Sport zu treiben und falls du die Sportart Trailrunning noch nicht ausprobiert hast, warum nicht heute – es lohnt sich! In diesem Sinne melde ich mich ab in die Saisonpause, um in ein bis zwei Wochen wieder topmotiviert ins Wintertraining einsteigen zu können.

Blog Nr. 8: 23. November 2021

Saisonrückblick

Am Flughafen in Porto (Portugal) sitzend, schreibe ich diesen Blog-Beitrag. Eine Weile ist vergangen seit dem Letzten, weshalb die unzähligen Leserinnen und Leser sicherlich schon gespannt darauf warten (Sarkasmus). Eine Saison geht zu Ende, gespickt mit vielen Hochs und Tiefs, zwei dummen Verletzungen, aber auch vielen schönen und positiven Emotionen. Daher dranbleiben und weiterlesen!

Swiss Canyon Trail – Langdistanz Schweizermeisterschaft

Nach einem frustrierenden Winter ohne Wettkämpfe startete ich bereits Ende Mai in meine Laufsaison 2021. Mit der 50km-Schweizermeisterschaft, welche im Rahme des Swiss Canyon Trails ausgetragen wurde, stand auch bereits ein langes und kompetitives Rennen auf dem Programm. Die Strecke sehr schnell, gut laufbar und aufgrund des vorangehenden Regens sehr schlammig. Abgesehen von den Streckenposten, die an diesem Tag mehrmals geschlafen und das Rennen resultatmässig sicherlich verzerrt haben, hatte ich einen super Tag. Nach knapp 4h erreichte ich das Ziel auf dem 9. Rang (??), wobei der Rang an diesem Tag stark zu hinterfragen ist. War aber schlussendlich auch nicht so relevant, denn das Laufgefühl und die Zeit stimmten mich sehr positiv für den Verlauf der Saison!

Trainingslager Davos

Im Juni hatte ich die Möglichkeit mit Swiss Athletics ein zweiwöchiges Trainingslager in Davos zu absolvieren. Abgesehen vom vielen Schnee in den Bergen fanden wir perfekte Trainingsbedingungen vor und zudem kam eine coole Truppe aus Top-Athletinnen und Athleten zusammen, um der gemeinsamen Leidenschaft nachzugehen. Das hohe Trainingsvolumen fühlte sich gut an, auch wenn mein Körper nach 2 Wochen bereit war für einige ruhigere Tage! 

Trail Verbier St. Bernard

Die gute Form nach dem Trainingslager konnte ich mit einem Start- und Zielsieg beim Trail Verbier St. Bernard auf der 35km-Strecke (2'500 Höhenmeter) bestätigen. Mutig gestartet, die Führung übernommen und dann ein einsames Rennen an der Spitze des Feldes ins Ziel gebracht. Mit 15min und mehr Vorsprung fiel das Resultat für mich sehr positiv aus und die Motivation für den Rest der Saison war umso grösser. Zudem konnte ich am Tag vor dem Rennen meinen 25-zigsten Geburtstag feiern, man munkelt sogar, dass die grössere Lebenserfahrung zum Triumph beigetragen hat.

Verletzung Nr. 1

Nach dem ersten grossen Höhenflug der Saison kam leider mit der ersten Verletzung ein herber Rückschlag. Eine Entzündung am Knie zwang mich zu einer mehrwöchigen Laufpause und leider sollte auch das Velo fahren in dieser Zeit nicht möglich sein. So beschränkte sich mein Training auf den Kraft-Bereich sowie Rollski in der Doppelstock-Technik war ebenfalls möglich. Schade schade, denn meine physische Verfassung war zu diesem Zeitpunkt wirlich gut. Leider fiel der Verletzung auch meine Teilnahme am Dolomyths Skyrace (Golden Trail World Series) zum Opfer und die Form musste wieder neu aufgebaut werden. Jammer bringt nichts, daher machte ich mich wieder an die Arbeit. 

Sierre-Zinal

Während es meinem Knie wieder besser ging und schmerzfreies Laufen möglich war, kam dann das Rennen in Sierre-Zinal etwas zu früh. Trotzdem wollte ich mir diese Möglichkeit nicht entgehen lassen und so entschied ich mich trotz des Trainingsrückstands am Event teilzunehmen. Zudem hatte ich zwei Wochen vor dem Wettkampf meine zweite Covid-Impfung, was sicherlich nicht leistungsfördernd war, im Nachhinein betrachtet. Leider lief es dann dementsprechend gar nicht gut, schwere Beine und null Energie im Körper, was für ein Rennen auf diesem Niveau nicht ausreicht. Zeitlich und rangmässig weit entfernt von meinen Erwartungen musste ich eine Enttäuschung hinnehmen. Trotzdem eine sehr wertvolle Erfahrung für meine Zukunft und ich denke bei der ersten Teilnahme an diesem Event muss fast jeder Athlet/jede Athletin Lehrgeld zahlen. Die zweiwöchigen Ferien im Süden Frankreichs kamen daher genau richtig und waren perfekt, um die Speicher aufzufüllen und den Kopf freizubekommen.

Schweizermeisterschaft 10km Strasse – StraLugano

Ohne spezifische Vorbereitung entschied ich mich an den 10km-Schweizermeisterschaften in Lugano teilzunehmen. Gemeinsam mit meiner Freundin Leah reiste ich also nach Lugano, wo wir beide am Event teilnahmen. Dieses Erlebnis und diese Sportart gemeinsam zu teilen war für mich eine sehr schöne Erfahrung und gab mir viel Kraft für den anstehenden Wettkampf. Ich hatte einen super Tag und startete ohne Erwartungen in den Lauf. Im Vorfeld des Rennens dachte ich mir so: «Ein 3’15/km-Schnitt wäre eigentlich ganz ordentlich für den ersten Strassen-Lauf». Allerdings hatte ich keine Ahnung, ob dies überhaupt realistisch ist. Mit meiner Zeit von 32’28,4 erfüllte ich die angestrebte Zeit beinahe auf die Sekunde genau. Ob es nun an der guten Selbsteinschätzung gelegen hat oder einfach Glück war, sei mal dahingestellt.

Vertical & Trofeo Nasego inkl. Verletzung Nr. 2

Nach ein paar Tagen in der Gegend in und um Lugano reisten wir weiter nach Italien, um eine Woche später an der Trofeo Nasego teilzunehmen. Am Samstag stand mein erstes Vertical Rennen der Saison auf dem Programm und am Sontag nahm ich noch den klassischen Berglauf in Angriff. Das Vertical Rennen lief nicht nach Wunsch, Beine wie Blei von Beginn weg und kein gutes Gefühl. Mit dem 13. Rang an einem World-Cup-Rennen musste ich aufgrund der körperlichen Verfassung dennoch zufrieden sein. Am Sonntag dann die grösste Enttäuschung der ganzen Saison. Nach bereits 4km im Rennen knickte ich mit dem Fuss stark ab. Nach ein paar Minuten gehend entschied ich mich weiterzumachen, was definitiv die falsche Entscheidung war. Ein paar Minuten später geschah das ganze Prozedere ein zweites Mal und diesmal waren die Schmerzen so stark, dass ich wie ein Wolf hätte heulen können. Shit happens, trotz der grossen Enttäuschung wieder ein lehrreiches Wochenende, auch wenn im Anschluss wieder einige Wochen Alternativtraining auf dem Programm standen.

Kilometro Verticale Chiavenna-Lagunc

Back in the Game! Wie erwartet hat die Heilung der Fuss-Verletzung einige Zeit in Anspruch genommen. In der Zwischenzeit konnte ich allerdings mit dem Rennrad oder MTB sehr gut trainieren und auch im Kraftraum konzentrierte ich mich auf die Stabilisierung des Fussgelenks. Das Vertrauen im Gelände musste langsam wieder aufgebaut werden und es sollte auch noch einige Zeit in Anspruch nehmen, bis dieses wieder vollständig zurück sein wird. Ein Vertical Rennen (ohne Abstieg) kam daher gerade zur rechten Zeit, um wieder ins Wettkampfgeschehen einzusteigen. Mit 36’04 konnte ich in Chiavenna eine neue PB realisieren, auch wenn die Form sicherlich nicht auf dem Höchststand war zu diesem Zeitpunkt. Ein gelungenes Comeback und gute Basis für einen erfolgreichen Saisonabschluss!

Limone Extreme Skyrace

Viel hatte ich bereits von diesem Rennen gehört, welches jährlich am Garda See in Italien ausgetragen wird. Steile Aufstiege, technische Downhills und geniale Aussichten auf den See, für welche man im Renngeschehen leider keine Zeit hat. Als Alternative gibt es Blutgeschmack im Mund, welcher hin und wieder mit einem feinen Sportgel etwas gedämpft werden kann. Spass beiseite, ein echt cooles Rennen und Skyrunning, wie im Lehrbuch beschrieben (gibt es ein Lehrbuch?). Am Start stand neben mir ein Grossteil der Weltelite, welche nach dem Erklingen des Startsignals «wie die Pickten» losrannten. Durch die engen Gassen von Limone sul Garda versuchte ich hauptsächlich auf den Füssen zu bleiben. Vor dem Rennen dachte ich mir, dass es wichtig sein könnte, in den ersten Anstieg aus einer guten Position zu starten. Im Kopf hat diese Theorie gut funktioniert, in der Praxis hatte ich wie so oft leichte Startschwierigkeiten und daher im ersten Aufstieg eine suboptimale Position, welche verhinderte, dass ich mein Tempo gehen konnte. Abgesehen davon war das Gefühl im Aufstieg genial. In den Top-20 laufend folgte anschliessend der lange und technische Downhill. Das Vertrauen in den Fuss leider noch nicht 100% da und so verlor ich vielleicht 20 Positionen in diesem Abstieg, echt krasses Niveau! Das Ziel erreichte ich aber gesund und zufrieden. Erneut viel gelernt und für die Zukunft weiss ich an welchen Stellen ich im Training ansetzen muss. Definitiv war dies nicht meine letzte Teilnahme in Limone! 

European Skyrunning Championship Portugal

Für den krönenden Abschluss meiner Saison reiste ich von Zürich nach Portugal, genauer gesagt nach Porto und dann anschliessend mit dem Auto in den Ort «Sao Pedro do Sul». Mit den European Skyrunning Championships hatte ich die Möglichkeit an meinem ersten Internationale Grossanlass in der Elite teilzunehmen. Im Rahmen des Pisao Extreme galt es eine Strecke von 35km mit Total 3’500m im Aufstieg sowie Abstieg zu bewältigen. Uff, das Profil des Rennens versprach bereits eine spannende und harte Herausforderung. Zusammen mit Roberto und Marco Delorenzi bildete ich das Schweizer Nationalteam. Mit dem Schweizer Kreuz auf der Brust zu laufen, ist für mich ein echtes Highlight, welches mich enorm motiviert und auch ein bisschen stolz macht. Angereist sind wir am Donnerstag Abend, damit wir am Freitag etwas Zeit hatten, um am Wettkampfort anzukommen. Der Startschuss fiel am Samstag morgen um 08.00 Uhr. Ehrlich gesagt fühlte sich die erste Stunde nicht gut an. Schwere Beine und ein komischer Magen. Ich versuchte allerdings ruhig zu bleiben und mein Tempo zu gehen. Die ersten 16km hatten es bereits in sich. 1'800 Höhenmeter in insgesamt 5 Aufstiegen galt es zu bewältigen. Das Gelände sehr technisch, die Aufstiege kraxelnd und die Abstiege den Fuss nicht zu verknacken versuchend. Je länger das Rennen dauerte, fühlte sich mein Körper besser an und auch im Downhill kam das Vertrauen etwas zurück. Beinahe ab Kilometer 1 war ich zusammen mit Marco unterwegs. Gemeinsam fiel das Laufen deutlich einfacher und machte richtig Spass. Die Strecke echt beeindrucken, wundervolle Landschaften, herzliche Menschen, aggressive Hunde (zum Glück hinter Gitter), aber vor allem pures Skyrunning wie im Lehrbuch (die Frage, ob es ein Lehrbuch gibt, ist glaube ich immer noch nicht beantwortet, oder?). Die zweite Rennhälfte fühlte sich richtig gut an. Ich und Marco konnten einige Läufer einsammeln und so erreichten wir das Ziel gemeinsam auf dem 14. Rang. Sehr zufrieden mit meiner Leistung und glücklich über einen gelungenen Saisonabschluss, aber vor allem richtig «paniert» von dieser sehr harten Strecke. Gäbe es ein Lehrbuch im Skyrunning müsste aus meiner Sicht das Wort paniert im Glossar eingebaut werden. Paniert beschreibt nämlich den völlig erschöpften Zustand nach einem harten Rennen oder Training, bei welchem man sich wie ein paniertes Schnitzel fühlt. Nach dem Rennen blieb Zeit für die Erholung bevor es am Sonntag mit dem Easy Jet Flieger zurück nach Zürich und dann mit dem Zug nach Hause ging. Ein schönes Abenteuer geht zu Ende, welches mir für die Zukunft viel Zuversicht gibt, weiter an meinen grossen Zielen hart zu arbeiten!!

Ausblick

Fürs erste habe ich fertig und es steht nun eine zweiwöchige Trainingspause auf dem Programm. Viel essen, schlafen und vor allem auch wieder etwas Zeit der Schule widmen, damit ich bald wieder mit vollem Elan ins Wintertraining starten kann. Die Motivation und Vorfreude ist bereits riesig. Zu guter Letzt möchte ich die Gelegenheit nutzen, um auf ein exklusives (okey vielleicht ein bisschen übertrieben) Projekt aufmerksam zu machen. Zusammen mit meiner Freundin habe ich einen eigenen Socken entworfen, welcher bald in Produktion geht. In der Szene munkelt man, dass der Vorverkauf bald starten wird und es sich um eine sehr limitierte (sogenannte Limited Edition) Ausgabe handeln wird. Ist die Geschichte wahr oder frei erfunden? Stay tuned...

See you later (in the mountains) Alligator, Nico

Blog Nr. 7: 10. Februar 2021

8’000-Höhenmeter-Challenge

Die etwas dumme Idee

Eine Saison ohne Wettkämpfe ist sicherlich nicht ganz einfach. Man trainiert viel und hart, aber dennoch fehlt die Plattform, wo man sich mit der Konkurrenz messen kann. Vor allem für einen Quereinsteiger wie mich wird die sonst schon schwierige Aufgabe noch schwerer gemacht. Während Regionalkader- und Nationalkader-Athletinnen/Athleten die Möglichkeit erhalten, Rennen zu laufen, bleiben viele andere auf der Strecke. Auch wenn die Einschränkungen nicht immer ganz nachvollziehbar sind, habe ich in letzter Zeit versucht, die positiven, von mir beeinflussbaren Dinge zu sehen und daran zu arbeiten. Durch die wegfallenden Wettkämpfe hatte ich zum Beispiel sehr viel Zeit fürs Training. Ich konnte neue Trainingsvariationen testen, ohne dabei ein Risiko einzugehen. Selten war mein Training so erfolgreich wie die letzten paar Wochen. Ohne Verletzungen oder Krankheiten forderte ich viel von mir selber und konnte einige sehr gute Trainingsblöcke absolvieren. Zudem schätze ich mich glücklich, dass mir das Training praktisch immer viel Spass bereitet, was nicht selbstverständlich ist. Lange Rede, kurzer Sinn! Trotzdem fehlte mir in den letzten Wochen die Herausforderung des Wettkampfs, die Nervosität davor, der Fokus während und das Glücksgefühl danach. Vor knapp zwei Wochen, als ich mich gerade mit der bevorstehenden Statistik-Prüfung befasste, kam mir die «gute» Idee, ich könnte doch mal an einem Tag 8'000 Höhenmeter am Stück bewältigen. Meine längste Aktivität bis zu diesem Zeitpunkt waren knapp 4'000 Höhenmeter an einem Tag, das Doppelte zu machen, schien mir dann aber doch eine sehr reizvolle Vorstellung.

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob solche Ideen normal sind, nach einem kurzen Austausch mit meiner Mutter, welche sich sofort dem Projekt anschliessen wollte, war ich aber von meiner Idee überzeugt. Körperlich fühlte ich mich auf jeden Fall bereit dazu und mental würde es ja sowieso eine grosse Herausforderung werden. Ich entschied mich dann, die Challenge im Gebiet Pischa zu machen, wo mir ein Anstieg von rund 670 Höhenmeter zur Verfügung stand. Meine mathematischen Berechnungen ergaben dann, dass ich die erwähnte Steigung rund 12-mal absolvieren müsste, um mein Ziel zu erreichen. Schon ein wenig monoton die Vorstellung, aber zu viele Gedanken wollte ich mir darüber im Vorfeld nicht machen. So packte ich mein Material, Verpflegung und Ersatzkleider ins Auto, schrieb am Vortag meine letzte Semesterprüfung im Fach Makroökonomie und war bereit, am kommenden Tag das ganze erarbeitete Wissen wieder wegzuschwitzen. 

Die Challenge

Meine Challenge startete um 04 Uhr, nachdem ich eine etwas unruhige Nacht hinter mir hatte. Irgendwie wurde ich dann doch noch etwas nervös und einige Zweifel kamen hoch, ob diese Challenge dann doch eine Nummer zu gross ist für mich. Abhalten konnte mich dies  aber nicht und so war ich fest entschlossen, mein Ziel zu erreichen, auch wenn ich mir bewusst war, wie hart dies werden könnte. Eine durchdachte Strategie hatte ich mir nicht zurechtgelegt, daher startete ich zügig in mein Abenteuer. Die ersten 3 Runden und 2'000 Höhenmeter absolvierte ich im Dunkeln. Das Gefühl zu diesem Zeitpunkt gut und ich kam zügig voran. Aus diesem Grund entschied ich mich, weitere 3 Runden zu absolvieren, bevor ich mir eine kurze Pause gönnen mochte. Langsam erwachte der Tag und ich lief meinen Rhythmus. Ich genoss die Ruhe, die Morgenstimmung und schätzte, dass sich die Höhenmeter noch relativ einfach bewältigen liessen. Nach etwas weniger als 5 Stunden waren die ersten 4'000 Höhenmeter bereits im Trocknen, deutlich schneller als ich im Kopf hatte. Zeit für eine kurze Pause, essen, trinken und weiter geht’s. Im Nachhinein betrachtet war meine Nahrungsaufnahme über den ganzen Tag verteilt nicht optimal, was ich allerdings bereits in Vergangenheit an diversen Rennen feststellen musste. Mental begann nun die grosse Herausforderung, weitere 6-mal musste ich den Berg noch bezwingen, was sich in Kombination mit den langsam schwer werdenden Beinen übel anfühlte. Musik und Podcast halfen mir dabei, die Zeit etwas zu überbrücken und das Leiden zu unterdrücken. So verging die Zeit, mal lief es wieder etwas besser, mal hatte ich eine Krise, mal suchte ich den Sinn der ganzen Sache, mal war ich wieder motiviert. Es war sehr spannend zu sehen, wie mein Körper auf diese Belastung reagierte, vor allem weil ich zuvor noch nie so lange unterwegs war. Runde 11 war absolviert und gerade rechtzeitig vor dem Hungerrast gönnte ich mir zwei Schokoladen-Reiswaffeln, welche mir nochmals etwas Energie bereitstellten. Die 12. und letzte Runde war dann Formsache, auch wenn ich mir diesen Anstieg nochmals erkämpfen musste. Challenge erfolgreich abgeschlossen, ich erreichte die Bergstation Pischa und meine Uhr zeigte mir eine positive Höhendifferenz von etwas mehr als 8'000 Höhenmetern an. Glücklich, erschöpft und zufrieden über meine Leistung, genau diese Emotionen hatte ich in den letzten Monaten vermisst! Ganz unglücklich war ich dann aber auch nicht, dass dieses Leiden ein Ende hatte. Flasche leer!

Fazit

78km, 8'067 Höhenmeter, 10h46min Bewegungszeit mit Wechseln und zusätzliche einige kürzere Pausen. Mental war diese Challenge sehr herausfordernd. Einerseits war ich die ganze Zeit alleine unterwegs, was ich mich zwar gewohnt bin, aber nicht in dieser Länge. 

Anderseits ist es schwierig, immer und immer wieder den gleichen Berg hochzulaufen. Ich persönlich konnte mit dieser Challenge aber viele Erkenntnisse gewinnen, welche mir in Zukunft im Sommer wie auch im Winter behilflich sein können. Sei es nun die Tatsache, dass ich mehr Energie über Nahrung zu mir nehmen muss oder der Umgang mit mentalen Schwierigkeiten, dies sind Punkte, welche im Ausdauersport von grosser Bedeutung sind. Schon beeindruckend, was der Körper in der Lage ist zu leisten, wenn man mit vollem Herzblut dabei ist. Die Faszination Ultra-Distanzen habe ich bereits seit einigen Jahren und wird mich in Zukunft sicherlich weiterbegleiten, auch wenn ich mich fürs Erste genug gequält habe. Nun gilt es, die Energiespeicher wieder 100% zu füllen und dann werde ich bald wieder nach neuen Herausforderungen suchen, sei es nun zu Fuss oder mit den Tourenskiern! 

Falls ihr noch Fragen habt, ihr findet mich vermutlich beim Kühlschrank (Hunger)!

Blog Nr. 6: 07. August 2020 

Swissalpine Davos

Der Swissalpine Davos wird bereits seit dem Jahr 1986 ausgetragen und kann wohl als Ursprung der Ultra-Bergläufe bezeichnet werden. Das Laufsportspektakel hat ihren Reiz nicht verloren und lockt jedes Jahr tausende Läuferinnen und Läufer in die Bergdestination Davos/Klosters. Auch ich persönlich verbinde eine besondere Beziehung mit dem Event. Bereits als kleiner Knirps feuerte ich die Läufer an der Strecke an und träumte davon selber mitlaufen zu können. Sicherlich auch durch die Leidenschaft meiner Eltern, wobei Mutter und Vater über 15-mal teilgenommen haben, hat sich der Swissalpine in meinem Kopf verankert. Meine erste aktive Teilnahme war dann bereits in sehr jungen Jahren, wo ich beim Kids-Lauf teilnehmen durfte. Die Faszination hielt an und so folgten zwei Teilnahmen über 11km. Für mich ein guter Einstieg, allerdings reizten mich die längeren Distanzen. So startete ich im Alter von 15 Jahren über 21km mit einer ansprechenden Leistung ohne gezielte Vorbereitung. Nach einer weiteren Teilnahme über diese Distanz, verdoppelte ich die Strecke und lief weitere zwei Mal von Bergün via Keschhütte und Sertigpass nach Davos, wo ich zwei Mal in die Top-10 laufen konnte. Der Ehrgeiz war also geweckt, die Schlittschuhe bald an den Nagel gehängt und so startete ich in diesem Jahr erneut über die Marathon-Distanz. In der Zwischenzeit hat sich nicht nur mein Training stark verändert, sondern auch meine Erwartungen an mich und meine Leistung sind deutlich gestiegen. Eines blieb aber über die ganzen Jahre gleich, nämlich die Freude am Laufen. Mal schauen wie das Rennen in diesem Jahr so lief...

Strecke K43

Die beiden Pässe Scaletta und Sertig sind sicherlich als Highlights des Swissalpine K43 zu nennen, eine Strecke über 42.7km mit rund 1'470 Höhenmetern im Auf- sowie Abstieg. Gestartete und beendet wird das Rennen direkt vor der Eishalle des Hockey Club Davos, wo mit Ausnahme dieses Jahres ein grosse Anzahl Zuschauer die Teilnehmenden anfeuern und bejubeln. Die ersten Kilometer sind flach und führen auf einer Asphalt-Strasse durch den Ort Davos in Richtung Dischma-Tal, wo die Strecke zu steigen beginnt. Das erste der beiden Täler hat es bereits in sich, das Tempo horrend und die zwar moderat ansteigende Strecke hat bereits das Potential erste Ermüdungserscheinungen hervorzurufen. Nach einem abwechslungsreichen, technisch einfachen Teilstuck erreichen die Läufer Dürrboden, wo bereits rund 14km der Strecke absolviert sind. Während die Energie im Körper der Läufer sinkt, steigt nun die Strecke deutlich an. Die rund 600 Höhenmeter sind gut «laufbar» und so erreicht man zügig den Scalettapass auf 2’6060 M.ü.M. Nach einem kurzen Downhill zweigt der Weg rechts ab und folgt rund 5km dem Panoramaweg. Wer hier den falschen Weg wählt, läuft ein paar Extra-Kilometer oder gibt das Rennen entnervt auf, daher immer schön den Streckenmarkierungen folgen. Panoramaweg beinhaltet das Wort Panorama, weshalb man auf diesem Teilstuck einen schönen Weitblick auf die anliegenden Berge hat. Im Wettkampfmodus bleibt zwar keine Zeit, um das Panorama zu geniessen, aber grundsätzlich wäre es sehr schön. Der zweite Pass steht an und nach einem weiteren Aufstieg erreicht man bereits den Sertigpass, welcher auf 2'738 M.ü.M. liegt. Nach einer kurzen Stärkung kommen die Downhill-Spezialisten auf ihre Kosten. Die Strecke steinig und im ersten Abschnitt technisch anspruchsvoll. Wer hier zu viel riskiert, wird möglicherweise Bekanntschaft mit dem doch sehr harten Untergrund machen. Im Training habe ich diese Bekanntschaft bereits getestet und ich muss sagen «nicht empfehlenswert». Rasant geht es in Richtung Sertig Dörfli, wo die 30km-Marke erreicht wird. Obwohl ein Grossteil der Höhenmeter absolviert sind, laufen hier viele sprichwörtliche gegen die Wand. Zum Glück sind es nur noch 12km bis ins Ziel ab hier (Sarkasmus). Jammern bringt aber nichts, daher mein Tipp: Je schneller das Tempo, desto schneller ist die Qual zu Ende. Die Strecke hier zu Beginn leicht coupiert, bevor es runter geht in Richtung Clavadel. Jetzt folgt der sogenannte «Sauhund», also die asphaltierte Steigung durch den Ort Clavadel. Leicht halluzinierend erreicht man das Ende und nimmt die letzten 4km in Angriff. Soll man hier bereits zum Endspurt ansetzten? Vielleicht ja, vielleicht auch nein, auf jeden Fall sollte man zwei sehr kurze, aber giftige Gegensteigungen im Hinterkopf behalten. Sind diese auch absolviert, kann eigentlich nichts mehr schief gehen, ausser man verliert das Bewusstsein. Erreicht man den letzten flachen Kilometer, sollten definitiv keine Reserven mehr vorhanden sein. Am besten man läuft den letzten Kilometer unter 3min, vielleicht gibt es ja noch ein Strava-Segment zu ergattern oder gewinnt noch einige Plätze. Ziel erreicht, Flasche leer!

Rennbericht

Meine persönliche Vorbereitung auf den Event lief super. Mehrere Wochen mit qualitativ hochwertigem Training konnte ich ohne jegliche Beschwerden absolvieren, was mir in den vergangenen zwei Saisons aufgrund von Verletzungen verwehrt blieb. Die Vorfreude nach einer langen Wettkampfpause sowieso riesig und auch die Wettervorhersage schien zu passen. An Konkurrenz sollte es in diesem Jahr nicht fehlen, denn auf der Startliste waren einige klingende Namen aus der Szene zu finden. Für mich also ein guter Gratmesser, um mich mit den besten des Sports zu vergleichen. Nach einer etwas unruhigen Nacht begann mein Tag um 04.25 Uhr, damit ich um 04.30 Uhr mein Müsli zu mir nehmen konnte. Kein Genuss vor einem Wettkampf, aber doch sehr wichtig, um mit genügend Energie in den Tag zu starten. Anschliessend nutzte ich die Zeit, um mich auf den Wettkampf vorzubereiten sowie etwas zu entspannen. Mit dem Auto ging es von Klosters bis nach Davos, wo ich mein Körper mit einem guten Warm-Up auf Temperatur brachte. Kurz vor 07.00 Uhr machten sich dann alle Läufer im Startbereich mit Maske bereit, was sicherlich eine etwas ungewohnte Situation darstellte. 10, 9, 8, 7, ..., 2, 1, LOOOOOOSS GEEEHTS! Nach wenigen Metern durften wir dann auch die Maske abnehmen und entsorgen, so konnte das Rennen definitiv starten. Vorne ging sogleich die Post ab und ich versuchte schnell einen eigenen Rhythmus zu gehen. Abwarten und Tee trinken, einfach ohne Tee trinken, so könnte ich meine Strategie zu Beginn ganz gut beschreiben. Ich lief ruhig, kontrolliert und folgte meiner inneren Uhr. Mit einem lockeren Laufgefühl erreichte ich Dürrboden nach rund 58 Minuten an neunter Position laufend. Gel rein und mit Getränk nachspülen, mhmmm sooo fein. Endlich begann die Strecke dann auch richtig zu steigen und so konnte ich relativ zügig den Pass hochlaufen, immer noch mit Sichtkontakt zur vor mir laufenden Gruppe. Mit genügend Energie im Körper nahm ich den kurzen Abstieg in Angriff, bevor ich auf den Panoramaweg abzweigte. Das folgende Teilstuck lief ich im Nachhinein betrachtet zu passiv, weshalb ich hier sicherlich etwas Zeit auf die Tagesschnellstein einbüsste. Hier fehlte mir der Mut, um schneller zu laufen, woran ich in Zukunft sicherlich arbeiten muss. Die Energie war vorhanden, doch im Kopf war ich gehemmt. In der Zwischenzeit lief ich in einer 4er-Gruppe, welche von hinten zu mir aufschliessen konnte. Auf dem Sertigpass angekommen, startete ich den langen Downhill in Richtung Tal. Auch hier etwas verhalten und vorsichtig. Vor knapp zwei Jahren hatte ich mir genau in diesem Abstieg den Fuss stark abgeknickt, und in der diesjährigen Vorbereitung machte ich wie oben erwähnt Bekanntschaft mit dem Boden. Vielleicht auch deshalb der Respekt von diesem Teilstuck deutlich vorhanden und daher das Laufen nicht 100% unbeschwert. Zum Glück ging an diesem Tag alles gut und ich erreichte die Alpstrasse, wo ich meine Beine schön rollen lassen konnte. Die Müdigkeit machte sich ab hier auch langsam bemerkbar, doch die Anfeuerungen meiner Familie am Streckenrand gaben mir in diesem Moment viel Energie. Im Sertig Dörfli angekommen tankte ich nochmals Energie in Form eines Gels und nahm Flüssigkeit zu mir. Die folgenden 12km waren wie erwartete sehr hart, doch ich lag immer noch ziemlich gut in meinem erhofften Zeitplan. So versuchte ich mich trotz der hohen Anstrengung zu entspannen und locker zu bleiben. Kilometer um Kilometer spulte ich ab und dann erreichte ich auch schon den «Sauhund» in Clavadel. Etwas unsicher, auf welcher Position ich zu diesem Zeitpunkt lief, versuchte ich letzte Kräfte zu mobilisieren und puschte mich den Aufstieg hoch. Mental vorbereitet waren dann auch die beiden kurzen Gegensteigungen schnell absolviert und ca. 1.5km vor dem Ziel hatte ich Sichtkontakt zu einem Konkurrenten vor mir. Die Anfeuerungen meines Trainers am Streckenrand motivierten mich zusätzlich und der Abstand wurde immer kleiner. Nun war es definitiv Zeit für den Schlussspurt. «All-Out» war die einzige Möglichkeit, um vielleicht noch einen Platz gut zu machen. Der Plan ging beinahe auf, doch es fehlten dann doch wenige Meter oder besser gesagt 4 Sekunden. Die Zeit stoppte bei 3h33’, eine Zeit, mit welcher ich im Vorjahr den 3. Platz erreicht hätte, reichte in diesem Jahr zum 9. Rang Overall. Für mich ein super Tag und eine sehr zufriedenstellende Leistung. Gefühlsmässig fühlte ich mich im Ziel wie ein paniertes Schnitzel, vielleicht sogar etwas panierter als das klassische Wiener-Schnitzel. Ziel erreicht, Flasche leer!

Fazit und Vorschau

Meine Rennsaison 2020 wurde mit dem Swissalpine K43 erfolgreich eröffnet. Mein Ziel unter 3h30’ zu laufen verpasste ich zwar knapp, mit dem Renn kann ich aber dennoch sehr zufrieden sein. Klar, als Athlet will ich immer schneller oder besser rangiert sein, doch sind es die kleinen Zwischenziele, welche für mich eine grosse Bedeutung haben. «Step by step», aus Fehlern lernen und diese beim nächsten Mal versuchen zu verbessern. Seit dem Rennen vom 26. Juli 2020 sind bereits wieder einige Tage vergangen und mein Körper hat sich gut davon erholt. Diesen Sonntag (09. August 2020) folgt bereits das nächste Rennen in San Bernardino. Beim Vertical Sanbe gilt es auf einer Distanz von 6km, 1'100 Höhenmeter zu bewältigen, wobei erneut ein starkes Teilnehmerfeld präsent sein wird. Weiter geht es dann am 30. August 2020, wo ich beim Madrisa Trail bei mir zu Hause in Klosters zum zweiten Mal überhaupt über eine Ultra-Distanz starten werden. Die 54km und rund 3'800 positiven Höhenmeter werden es in Sich haben! Ich bin gespannt und freue mich auf die kommenden Wochen mit hoffentlich einigen erfolgreichen Wettkämpfen sowie Trainings!

Ich habe fertig! Yours sincerely, Nico

Blog Nr 5: 24. Juli 2020

Das unerwartete und abrupte Saisonende

Corona kam, sah und siegte, etwa so würde ein Sportmoderator die vergangenen Monate beschreiben. Zumindest vorübergehend sollte dieser Virus das öffentliche Leben auf den Kopf stellen. Der Lockdown traf auch die Sportwelt und so mussten unzählige Veranstaltungen abgesagt oder im besten Fall verschoben werden. So fand auch meine Skimo-Saison ein unerwartetes und abruptes Ende. Die Patrouille des Glaciers, das wohl grösste und bekannteste Skitouren-Rennen der Welt, konnte wie auch viele weitere Rennen nicht durchgeführt werden und so blieb mir mein Saison-Highlight verwehrt. Aus meiner Sicht sehr schade, aber halb so wild. Die nächste Möglichkeit wird kommen, da bin ich mir sicher. Für mich als Sportler sind Wettkämpfe wichtig und dienen als Ziele. Nebst dem Vergleich mit der Konkurrenz schätze ich zudem die unzähligen Emotionen, welche man bei einem Wettkampf durchlebt, sei es nun positive oder negative. Die positiven sind die guten Emotionen, welche zu Höchstleistungen motivieren und glücklich machen. Die negativen hingegen sind für mich sehr wichtig, um als Athlet weiterzukommen, stärker zu werden und aus Fehlern zu lernen. Wettkämpfe sind aber auch nicht alles. Das tägliche Training macht mir riesen Spass und hätte ich keine physischen Grenzen wäre ich vermutlich 23h am Tag laufend oder auf dem Rad unterwegs. Neue Orte entdecken, die Natur geniessen oder sich auch mal «die Kante» in einer harten Intervall-Einheit geben. Übrigens «die Kante» im Training hat vermutlich eine ähnliche Wirkung, wie ein Rausch verursacht durch Alkohol, einfach besser. Um wieder aufs Wesentliche zurück zu kommen, gibt es aus meiner Sicht genügend Möglichkeiten, um sich in einer Zeit ohne Wettkämpfe in Form zu halten, denn spezielle Zeiten machen erfinderisch...

Spezielle Zeiten machen erfinderisch

Nach der kurzen Ernüchterung über alle abgesagten Events sprudelte bei mir die Ideen-Küche. Zudem profitierte ich durch die Schliessung sämtlicher Skigebiete von leeren und teilweise frisch präparierten Pisten, perfekt, um auf meinen täglichen Trainingsstrecken Bestzeiten zu ergattern. So integrierte ich in mein Training mehrere «Test-Rennen», wo ich gegen die Uhr unterwegs war. Ich absolvierte beispielsweise zwei Mal einen Vertical Kilometer, einmal lief ich von Klosters bis auf den Gipfel auf Zeit und ein anderes Mal 30km Skating auf der Loipe. Challenges, welche mir in dieser Zeit viel Spass bereiteten und die Motivation fürs Training aufrecht hielten. Den Winter konnte ich demnach, trotz fehlender Wettkämpfe, perfekt ausnutzen. Das Wetter in dieser Zeit praktisch durchgehen perfekt, viel Sonne und gute Schneeverhältnisse. Irgendwann war dann aber auch genug trainiert für den Winter und ich wechselte für zwei Wochen in den sogenannten Chill-Modus. Essen, schlafen und essen und ja teilweise musste ich mich auch auf die anstehenden Semesterprüfungen vorbereiten. Nicht meine Lieblingsbeschäftigung, aber muss auch gemacht werden. Auch wenn sich bei mir nach wenigen Tagen Pause der Bewegungsmangel bemerkbar macht, konnte ich diese Ruhephase nutzen, um mich ausreichend zu erholen und Motivation für die anstehende Laufsaison zu tanken.

Vorbereitung ohne Stress

Nachdem ich in der letzten Laufsaison mühsame und hartnäckige Achillessehne-Beschwerden hatte, wollte ich das Training zu Beginn gemächlich angehen. Im vergangenen Jahr war die Motivation wohl zu gross, sodass meine Achillessehne nach der ersten Woche im Lauftraining eine längere Pause benötigte. Die aktuelle Situation bot sich daher an ohne Wettkampf-Stress ins Training einzusteigen. Ich startete mit lockeren Einheiten und ergänzte mein Training mit dem Rennrad oder MTB. Obwohl langsam laufen grundsätzlich einfach sein sollte, hatte ich in der Vergangenheit Mühe damit. Aus diesem Grund startete ich dieses Jahr sehr bewusst langsam und ohne mentalen Stress, auf was mein Körper sehr gut reagierte. Die Umfänge und Intensitäten liessen sich anschliessend stetig erhöhen und ich konnte mich optimal auf die anstehenden Wettkämpfe vorbereiten. Für mich gehören diese Prozesse zum Sport dazu. Man macht Fehler, lernt daraus und versucht sie zu korrigieren. Für mich persönlich das wichtigste, um Verletzungen vorzubeugen, ist die Signale meines Körpers wahrzunehmen und diese anschliessend richtig zu werten. Wenn Schmerzen aufkommen, muss man diese akzeptieren und sollte auf keinen Fall versuchen diese herunterzuspielen. Lieber einen Ruhetag einlegen und dem Körper die Zeit geben, um sich zu erholen, als weiter zu trainieren und für mehrere Wochen verletzungsbedingt auszufallen. Hört sich einfach an, ist aber aus meiner Sicht vor allem mental sehr schwierig. «Easy peasy» ist für mich also vor allem zu Beginn der Saison das Motto, bevor ich dann etwas später zu «Keis Mass, voll Gas» wechsle. 

Vorfreude

Swissalpine, Vertical Sanbe, Madrisa Trail oder Tour de Tirol, es scheint als nehme die Laufsaison 2020 doch noch Fahrt auf. Aufgrund der aktuellen Situation habe ich mich bewusst für lokale Rennen entschieden, wo wenig organisatorischer Aufwand notwendig ist. Mit dem Swissalpine und dem Madrisa Trail finden zudem zwei Rennen direkt vor der Haustüre statt. Die Vorfreude ist riesig und ich kann es kaum erwarten an der Startlinie zu stehen. Diesen Sonntag (26. Juli 2020) wird mit dem Swisslapine K43 meine Saison so richtig lanciert. Starkes Teilnehmerfeld, schnelle Strecke und rund 43km, die es zu bewältigen gibt. Die Vorbereitungen sind nun abgeschlossen und es bleiben noch gut zwei Tage, um zu entspannen und den richtigen Mood zu finden, bevor am Sonntag um 07.00 Uhr der Startschuss fällt und hunderte Läufer wie hungrige Löwen die Strecke in Angriff nehmen. Hungrig bin ich auf jeden Fall, hungrig auf den Lauf, aber auch allgemein hungrig auf Nahrung.

Das war’s dann eigentlich auch schon mit diesem Blog, bis zum nächsten Mal und bleibt gesund!

Blog Nr. 4: 14. Februar 2020

Von der Eishalle in die Natur

Meine sportliche Laufbahn begann relativ früh in der Tennis-Halle, wo ich wöchentliche Trainings besuchte. Eine unmotivierte Trainingsgruppe verleitete mich dann aber dazu, die Sportart zu wechseln und so landete ich im Alter von 5 Jahren in der Eishalle Wetzikon, wo ich die Eishockey-Schule auf Probe besuchte. Nach einem Training war dann aber auch wieder Schluss in Wetzikon, da ich mich nicht wirklich wohl gefühlt habe. So wechselte ich nach Rapperswil und meine Eishockey-Laufbahn kam langsam aber sicher ins Rollen. Ich absolvierte die Hockey-Schule, machte schnell Fortschritte und liebte es auf dem Eis zu stehen. Auch in meiner Freizeit hatte ich nichts anderes im Kopf, als Eishockey. Jede freie Minute verbrachte ich auf dem freien Eislauf, wo ich jeweils die gesamte Öffnungszeit ausnutzen musste. Sei es nun bei Regen, Schneefall oder Sonnenschein, für mich gab es keinen Grund nicht auf dem Eis zu stehen (die Eisbahn Klosters hat leider kein Dach!). Nach Abschluss der Hockey-Schule wurde das Training von Jahr zu Jahr spezifischer, erste Turniere gespielt und taktische Elemente gewannen an Wichtigkeit. Während auf den tieferen Stufen noch hauptsächlich Turniere ausgetragen wurden, wechselte der Modus bald zu einer Meisterschaft. Der Trainingsaufwand nahm ebenfalls jährlich zu. Aus zwei Trainings wurden drei, dann vier und schon bald standen wir beinahe jeden Tag auf dem Eis. Dazu kamen Spiele in der ganzen Schweiz, wo es jedes Mal wichtige Punkte zu holen gab. Nebst sehr vielen positiven Erlebnissen kamen dann je länger je mehr negative hinzu, wie mehrere Kopfverletzungen hintereinander. Kann es das sein? Habe ich wirklich meine Bestimmung gefunden? Nach der möglicherweise schwierigsten Entscheidung meines Lebens kam ich zum Schluss, Nein! Nachdem ich meine Junioren-Zeit auf der Stufe Elite A (höchste Junioren-Stufe im Schweizer Eishockey) beenden konnte, war es für mich Zeit die Schlittschuhe an den Nagel zu hängen und in einen neuen Lebensabschnitt zu starten. Sport sollte aber weiterhin ein wichtiger Bestandteil meines Lebens bleiben. Bereits während meiner Zeit als Eishockey-Spieler nutzte ich meine Freizeit, um in den Bergen unterwegs zu sein. Nun begann ich meine Trainings definitiv in die Natur zu verlagern und ich glaube sagen zu können, dass ich mit dem Berglauf/Skibergsteigen meine richtige Bestimmung gefunden habe.

Kampf gegen Vorurteile

«Du bist doch viel zu klein für einen Eishockeyspieler.» «Spielst du tatsächlich Eishockey?» «Wie gross bist du?» «Wie viel wiegst du überhaupt?» - Solche Fragen waren in meiner Zeit als Eishockey-Spieler mein täglicher Begleiter. Echt nervig und irgendwie auch verletzend, vor allem wenn man sein ganzes Herzblut in eine Sportart steckt und dann viele Reaktionen hauptsächlich die äussere Erscheinung betreffen. Eine Körpergrösse von mindestens 180cm und ein gewisser Anteil an Fettleibigkeit war beinahe Voraussetzung, um in diesem Sport erfolgreich sein zu können. Die Fitness war dabei nebensächlich. Klar ein gewisses Talent musste jeder Spieler mitbringen und gewisse technische Elemente mussten gegeben sein, aber gerade auch das Fitnesslevel wurde oft sehr niedrig gewichtet. Beim jährlich stattfindenden Fitness-Test, wo Kraft sowie Ausdauer getestet wurden, war das Niveau meiner Meinung nach relativ sehr bescheiden. Zudem hatten die Test-Ergebnisse weder einen Einfluss auf die Kaderplanung noch auf das folgende Sommertraining, also streng genommen völlig für die Katz. Für mich war dies immer schwer nachvollziehbar. Glücklicherweise konnte ich mit negativen Reaktionen immer relativ gut umgehen, obwohl dies nicht immer ganz einfach war. Ich verfolgte meine Ziele und war bereit dafür zu arbeiten. Neben den Team-Trainings baute ich zusätzlich Trainingseinheiten zu Hause ein, um mein «Handicap» weg zu machen beziehungsweise zu verkleinern. Lange hatte ich Mühe meine körperlichen Voraussetzungen zu akzeptieren und ich wünschte mir gross und stark zu sein. Gross wurde ich zwar nie wirklich, doch wird Grösse wirklich durch die Körpergrösse definiert? Meiner Meinung nach nicht. Stark in Bezug auf Gewichte im Kraftraum stemmen wurde ich auch nicht wirklich, doch wird Stärke durch das Gewicht beim Bankdrücken definiert? Aus meiner Sicht ebenfalls nicht. Ist der Eishockey-Sport wirklich besser, wenn grosse und schwere Spieler am Werk sind? Meiner Meinung nach nicht, für mich wirkt es eher träge und undynamisch. Gut haben wir aber genügend «Experten», die dies besser beurteilen können und ich bin wiederum froh, nicht mehr in diesem Sport zu sein. Heute bin ich stolz auf meine 170cm Körpergrösse und 54kg, viel mehr brauche ich eigentlich auch gar nicht, um schnell den Berg hochlaufen zu können. Anmerkung: Dieser Abschnitt ist bewusst etwas provokativ, also bitte nicht zu ernst nehmen!:)

Mein Fazit

Eishockey war einst meine grosse Leidenschaft und der Sport wird auch immer ein Teil von mir bleiben. Trotzdem habe ich mich ein wenig davon distanziert und geniesse nun die Erlebnisse, die mir das Training in den Bergen bietet. Was ich an meiner neuen Sportart am meisten schätze, ist die Freiheit zu trainieren wann und wo immer ich will. Früher war dies alles sehr strukturiert. Das Training begann zu einer bestimmten Zeit und war sehr an einen Ort gebunden, nämlich die Eishalle in Rapperswil. Man kann eigentlich fast sagen, dass die Eishalle mein zweites zu Hause war. Dies war für mich aber nie eine Qual, es bereitete mir Freude meine Teamkameraden täglich zu treffen, durch die Schweiz zu reisen, Erfolg/Misserfolg gemeinsam zu teilen und hin und wieder dumme Sprüche zu reissen. Ein weiterer Vorteil am Einzelsport ist aus meiner Sicht, dass ich für meine Leistung selber verantwortlich bin. Zeige ich ein schlechtes Rennen, ist es meine Schuld, vielleicht war die Vorbereitung nicht perfekt oder einfach ein schlechter Tag. Im Teamsport war die Leistung sehr vom Team sowie vom Trainer abhängig. Der Trainer hatte die Macht zu entscheiden, wer schlussendlich in wichtigen Situationen auf dem Eis stehen darf. Funktionierte das Kollektiv an Tag X, war der Sieg möglich, passte ein Puzzle-Teil nicht zusammen, endete das Spiel meistens mit Frust. Egal ob die eigene Leistung nun gut war, schlussendlich zählte nur der Misserfolg des Teams. Abschliessend bin ich aber froh, dass ich in meiner sportlichen Laufbahn beide Seiten erleben durfte. Im Team-/ sowie Einzelsport konnte ich bereits sehr viel lernen, was mich nicht nur als Sportler, sondern auch als Mensch weitergebracht hat. Schwierigkeiten oder Misserfolge haben mich immer motiviert und die Bestrebung für ein Problem eine Lösung zu finden, war immer mein oberstes Ziel. Erfahrungen aus dem Eishockey, ob diese nun positiv oder negativ waren, versuche ich heute in meinem Alltag zu integrieren, um daraus das bestmögliche Ergebnis zu erreichen. Aus meiner Sicht das wichtigste ist und bleibt aber die Freude an dem was ich tue! 

Blog Nr. 3: 03. November 2019 - Die zweite Saisonhälfte

Vertical Sanbe:

Nach einem für mich sehr gelungenen Auftritt an den Youth Skyrunning World Championships in Italien startete ich mit grosser Motivation in die zweite Saisonhälfte. Da sich mein Körper von den Belastungen gut erholen konnte, stand eine Woche später mit dem Vertical Sanbe bereits das nächste Rennen auf dem Programm. Der Organisator des Rennens hatte mich vor einiger Zeit angeschrieben und mir einen Startplatz angeboten. Ohne zu zögern habe ich zugesagt, denn nicht nur die Gegend ist eine echte Augenweide, sondern werden Rennen im Tessin oft mit viel Herzblut organisiert, was ich sehr schätze. Auf einer Strecke von 6km galt es eine positive Höhendifferenz von 1100m zu absolvieren, um anschliessend die schöne Aussicht vom Pizzo Ucello geniessen zu können. Nun ja, mit der schönen Aussicht wurde es an diesem Tag leider nichts. Das Wetter nass und grau, aber trotzdem ein riesen Spass und eine coole Strecke. Das Rennen beendete ich auf dem 3. Rang, wie so oft hinter den beiden Delorenzi Brüdern. Im Anschluss an das Rennen versammelten sich sämtliche Läufer sowie ziemlich die ganze Dorfbevölkerung von San Bernardino in einem Festzelt, wo die Premiere dieses Events einen krönenden Abschluss fand.  

Matterhorn Ultraks:

Nach zwei Wochen gutem Training reiste ich am 23. August nach Zermatt, um am kommenden Tag beim Matterhorn Ultraks am Start zu stehen. Ein Rennen, bei welchem ich bereits zweimal auf der Kurzdistanz dabei war. Dieses Jahr sollte es aber ein wenig länger dauern, weshalb ich mich für die Strecke über 32km und 2000Hm entschied. Wie so oft setzte ich mir im Vorfeld ambitionierte, aber grundsätzlich realistische Ziele. Zudem stellte ich mich auf ein zügiges Rennen ein, da die Strecke doch sehr gut «laufbar» (also nicht allzu technisch) ist. An einem perfekten Tag startete das Rennen um 08.45 Uhr. Zum Frühstück gab es wie immer eine Schüssel meines selber zusammengemixten Müeslis sowie ein Glas Wasser. Der Start dann wie erwartet schnell, der Puls tendenziell noch schneller. Da ich allerdings den ersten Streckenteil bereits kannte, wusste ich was mich erwartet. Das Laufgefühl grundsätzlich super, doch leider machte sich die Achillessehne bereits nach ca. 5km wieder bemerkbar. Glücklicherweise wurden die Schmerzen nicht schlimmer und ich konnte das Rennen ohne grössere Probleme zu Ende laufen, doch es war mental sicherlich nicht optimal. Meine Kräfte konnte ich mir gut einteilen, lief zu Beginn auf Rang 3, später stiess ich im langen Aufstieg hoch zum Schwarzsee auf den 2. Rang vor. Diese Platzierung hielt ich bis ins Ziel, wo ich zwar erschöpft, aber dennoch sehr glücklich war. Das Rennen sicherlich noch nicht perfekt, doch gibt es das perfekte Rennen? Die Zukunft wird es zeigen! Allgemein ist Zermatt für mich ein sehr faszinierender Ort und ich kann gut verstehen, weshalb Menschen um die ganze Welt reisen, um das Matterhorn zu sehen. Ein echt beeindruckendes Meisterwerk der Natur, welches mich sicherlich in Zukunft immer wieder anziehen wird.

Auszeit in Zypern:

So gut das Resultat in Zermatt, so negativ die Veränderung in der Achillessehne. Nach einigen Tagen Alternativtraining musste ich beim ersten Lauftraining nach dem Wettkampf definitiv einsehen, dass die Sehne eine erneute Ruhephase benötigt. Nicht ganz einfach zu akzeptieren, doch wenn ich eines gelernt habe in dieser Saison, ist es auf Körper zu hören, die Signale richtig zu werten und anschliessend die richtigen Massnahmen einzuleiten. Da kamen für mich die bereits länger geplanten Ferien in Zypern genau richtig. Anstatt die Zeit am Meer fürs Training zu nutzen, war es also die optimale Gelegenheit, um der Sehne endlich die benötigte Ruhe zu schenken. Ganz inaktiv war ich dann aber auch nicht: viel schwimmen im Meer, Aquajogging, ein wenig spazieren und alle paar Tage ein kurzes Krafttraining. Zudem war das gute und sehr heisse Wetter perfekt, um endlich «die optimale Bräune» zu erreichen. Daraus wurde leider auch nichts und ich hätte mindestens noch 4 weitere Wochen im Schnitt 5h am Tag in der prallen Sonne liegen müssen, um diese zu erreichen. Vielleicht klappt’s im nächsten Jahr! Ach ja, fast hätte ich es vergessen, essen war auch ein grosser Bestandteil meiner Ferien, viel essen. Das griechische Essen gehört sowieso zu meinen «Favourites» und wenn man schon mal im Lande ist, muss man es schliesslich auch nutzen. Die restliche Zeit nutzte ich zum Schlafen, zum lesen einiger Bücher über Mentaltraining oder zum Lösen von Kreuzworträtseln, auch wenn ich diese selten wirklich «lösen» kann. Mit vollen Energiespeichern reiste ich also wieder zurück in die Schweiz, um die nächsten Wettkämpfe vorzubereiten und das 3. Semester meines Studiums in Angriff zu nehmen.

Les KM de Chando: 

Nach der Auszeit in Zypern und der Rückreise in die Schweiz stand am kommenden Sonntag für mich das erste Lauftraining auf dem Programm. Zwar sehr gemütlich und vorsichtig, aber das Laufen fühlte sich gut an und auch die Sehne machte mir keine Probleme. 30 Minuten waren dann an diesem Tag aber auch genug! Die folgende Woche lief super, keine Schmerzen und auch im Kopf fühlte ich mich frei von jeglichen negativen Gedanken. Zuvor fehlte mir diese Lockerheit, ich war gewissermassen blockiert im Kopf und musste zu oft an die Verletzung denken. Die positiven Erfahrungen waren dann auch ausschlaggebend, dass ich bereits eine Woche nach meinem ersten Lauftraining nach Chandolin ins Wallis reiste, für ein Rennen der Vertical Kilometer World Tour mit einigen starken Konkurrenten. Wie es der Name des Rennens schon sagt „Les KM de Chando“ handelte es sich nicht um wie gewöhnlich einen Vertical Kilometer, sondern um zwei am Stuck. In Zahlen ausgedrückt sind das 2000 positive Höhenmeter auf einer Strecke von ca. 7.7km. Nach dem Start unten im Tal führt die Strecke zuerst durch den Wald steil hoch nach Chandolin, gefolgt von weiteren ca. 800 noch steileren Höhenmetern hoch zum Illhorn. Da meine Vorbereitung doch eher speziell war, wusste ich nicht so recht wo ich im Moment stehe, doch meine Vorfreude war riesig, auch wenn ein solches Rennen oft mit einer grossen Portion Sauerstoffmangel verbunden ist. Das Rennen lief dann für mich erstaunlich gut und mit dem 9. Rang in einer Zeit von 1h24min kann ich sicherlich zufrieden sein. Ich bin aber auch überzeugt, dass noch deutlich mehr möglich ist. Nach dem Rennen ist vor dem Rennen und so nutzte ich die Zeit nach der Anstrengung, um mich zu erholen, die Speicher mit genügend Nahrung zu füllen sowie das schöne Wetter zu geniessen.

Claro Pizzo:

Mein Körper erholte sich dann auch schnell von der Belastung und wie so oft nutze ich den Tag nach dem Rennen für eine gemütliche Runde auf dem Rennrad. Vor allem nach einer langen Autofahrt fühlt sich dies immer hervorragend an. Da ich nun auch endlich ohne Schmerzen war, stieg meine Motivation fürs Training sowie für die kommenden Wettkämpfe in andere Sphären. Ball flach halten, dachte ich mir aber, denn schon oft hat meine Übermotivation zu Verletzungen geführt. Einige gute Trainings folgten, unter anderem ein Longrun bei traumhaftem Wetter auf einer meiner Lieblingsstrecken rund um Gotschna. Eine knappe Woche später reiste ich mit einem guten Gefühl ins Tessin, wo mit dem Claro Pizzo erneut ein Vertical-Rennen auf dem Programm stand. Bereits im letzten Jahr hatte ich an diesem Rennen teilgenommen und war beeindruckt. 9.2km, 2500 Höhenmeter im Aufstieg, Ziel auf dem Pizzo di Claro (2727 m.ü.M.). Auch hier wieder ein sehr gut besetztes Teilnehmerfeld mit einigen klingenden Namen an der Startlinie. Im Vergleich zum Vorjahr lief ich mit Stöcken, was vor allem in den sehr steilen Passagen ein Vorteil ist. Das Rennen lief für mich erneut gut, das Tempo zu Beginn zügig, aber mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass es ein langer Weg ist. So konnte ich meine Kräfte gut einteilen und gegen Ende nochmals etwas aufdrehen. Das Ziel erreichte ich auf dem 6. Rang in einer Zeit von 1h47min, wobei ich meine Zeit vom Vorjahr um etwas mehr als zwei Minuten unterbieten konnte. Für mich ein super Erfolg und ein gutes Zeichen, dass gewisse Fortschritte trotz der langwierigen Verletzung ersichtlich sind. Fazit: Allen Läufern, die es steil mögen und eine sehr familiäre Atmosphäre schätzen, kann ich diese Rennen wärmstens empfehlen, es lohnt sich!

Trail Vallé de Joux:

Zum Abschluss meiner Trail-Laufsaison sollte die Distanz nochmals etwas länger sein, weshalb ich eine Woche nach dem Claro Pizzo an den Lac de Joux im Jura reiste, um am Trail Vallée de Joux teilzunehmen. Das Rennen über 36km und ca. 1'800 positive Höhenmeter zählte in diesem Jahr zur Skyrunning Switzerland Series, was ein zusätzlicher Ansporn war für mich. Im Ort Le Sentier hatte ich ein kleines Hotel gebucht, wo ich mich am Tag zuvor auf den Wettkampf vorbereiten konnte. Das Rennen startete dann am Sonntag bei sonnigem Wetter mit drei flachen Kilometern, bevor die Strecke anfing zu steigen. Bereits im Vorfeld hatte ich mir eine Renntaktik zurechtgelegt. Ich wollte ein aktives Rennen laufen, die ersten drei Kilometer abwarten und beobachten und dann vorne weglaufen. In etwas so konnte ich es auch umsetzen, am Ende des ersten Aufstiegs übernahm ich die Führung und im folgenden Abstieg drückte ich aufs Tempo. Von da an lief ich ein einsames Rennen an der Spitze, was nicht immer ganz einfach war. Die ersten knapp 20km fühlte ich mich super, lockere Beine und ein gutes Körpergefühl. Auf der zweiten Hälfte bekundete ich dann aber vermehrt Mühe, weshalb ich mein Tempo nicht ganz durchziehen konnte. Das Leiden auf der zweiten Hälfte zahlte sich aus und ich erreichte das Ziel auf dem ersten Rang Overall. Das perfekte Resultat zum Saisonabschluss in einem Rennen, welches mich mental und körperlich sehr gefordert hat. Der Tank war nach dem Rennen komplett leer, doch dies ist für mich immer ein gutes Zeichen. Der Wettkampf an sich war dann aber nicht die letzte Herausforderung des Tages, denn mit dem professionellen Siegerinterview für Syrunning Switzerland wurde ich nochmals gefordert. Auch wenn dies eine schöne Anerkennung ist, stehe ich eigentlich nicht gerne im Mittelpunkt. So musste ich meine Komfort-Zone an diesem Tag erneut verlassen, konnte auf der anderen Seite aber auch wertvolle Erfahrungen sammeln. 

Ausblick:

Die grossen und wichtigen Rennen liegen nun alle hinter mir, jedoch werde ich wie die letzten Jahre meine Laufsaison mit dem Kyburglauf bei Winterthur beenden. Ein Rennen über 10 coupierte Kilometer, wobei am Ende noch rund 450 Treppenstufen zu bewältigen sind. Dies ist auch immer eine gute Gelegenheit, um wieder etwas mehr an der Grundgeschwindigkeit zu arbeiten und macht zudem riesen Spass! Im Anschluss werde ich erneut eine Laufpause einlegen, bevor ich ins Wintertraining starte. Die ersten Skimo-Wettkämpfe (Skibergsteigen) werden dann bereits im Dezember anstehen. Von mir aus kann der Schnee also kommen! :)

Blog Nr. 2: 13. August 2019 - Youth Skyrunning World Champs

Tag 1: Die Anreise

Das Abenteur «Youth Skyrunning World Championships» begann für mich am Donnerstag 01. August 2019. Nach einer guten Vorbereitung in St. Moritz und Klosters machten sich rund eine Woche vor der Anreise erneut Schmerzen in der Achillessehne bemerkbar, diesmal einfach auf der anderen Seite. Dank der Hilfe meiner Therapeuten des Vertrauens und einigen sehr ruhigen Tagen bekam ich die Probleme glücklicherweise noch rechtzeitig in den Griff. Ein kurzes und lockeres Lauftraining am Vorabend der Anreise stimmte mich dann positiv, dass die Teilnahme an den Wettkämpfen möglich ist. So machte sich mein Wecker am Donnerstag um 04.00 Uhr lautstark bemerkbar und nach einem ausgiebigen Frühstück machte ich mich auf den Weg zum Flughafen. Frühstück geht bei mir sowieso zu jeder Tageszeit und ist für mich auch eine sehr wichtige Mahlzeit, um mit viel Energie in den Tag zu starten. Mit dem Flugzeug ging es anschliessend nach Rom, wo ich erstmals auf meine Teamkollegen traf und wir rund zwei Stunden auf den Bus warten mussten. Weitere zwei Stunden später erreichten wir unser Ziel Fonte Cerreto, wo uns sehr warme Temperaturen erwarteten. Nach einer kurzen Stärkung mit Bananenbrot mussten wir nach dem vielen sitzen unsere Beine etwas lockern. Während der Fahrt mit der Seilbahn hatte ich auch gleich die Möglichkeit die Strecke des Vertical Kilometers zu begutachten. Ich versuchte mir direkt die Schlüsselstellen einzuprägen und meine Vorfreude stieg nochmals an, da die Strecke einen sehr guten Eindruck machte. Einige sehr steile Passagen, einige etwas flachere Teilstücke sowie zwei sehr kurze Downhills, könnte mir ganz gut liegen, dachte ich mir. Das kurze Lauftraining im Anschluss an die Bahnfahrt fühlte sich gut an und glücklicherweise machte auch meine Sehne gut mit. Das Abendessen im Teamhotel war dann eine gute Gelegenheit, um den hungrigen Magen etwas zu beruhigen. Auf dem Speiseplan stand Pasta und wie sich in den kommenden Tagen herausstellen sollte, war dies nicht das letzte Mal.

Tag 2: Raceday «Vertical Kilometer»

3.5km, 1'000 Höhenmeter, Einzelstart alle 20 Sekunden mit dem Ziel so schnell wie möglich vom Tal auf den Gipfel zu laufen. So einfach wie es klingt, so hart und schwierig sind diese Belastungen. Da das Rennen erst am späteren Nachmittag startete, lockerte ich meine Beine am Morgen mit einem kurzen Lauftraining. Ich hatte bereits ein sehr gutes Gefühl, lockere Beine und eine grosse Motivation. Vor dem Rennen dann nochmals ein kurzes Warm-Up, um den Motor zur richtigen Zeit in Schwung zu bringen. Die ersten ein bis zwei Minuten der Strecke stiegen nur moderat an und mein Ziel war es diese nicht zu schnell anzugehen, sondern schnell einen guten Rhythmus zu finden. Kurz vor meinem Start zogen dann Wolken auf, die Temperaturen sanken ein wenig und es schien als bilde sich eine Gewitterzelle über uns. Mir war dies noch so recht, denn zuvor war es sehr heiss und zu meiner Startzeit hatten wir beinahe perfektes Laufwetter. Mein Start verlief sehr gut und ich startete für meine Verhältnisse zügig. Der Rhythmus war schnell gefunden und bereits nach wenigen Minuten konnte ich diverse vor mir gestartete Läufer einsammeln. Nach den ersten 200 Höhenmeter erhielt ich dann von unserem Betreuer meine Stöcke, welche mich vor allem in den sehr steilen Passagen gut unterstützen konnten. Mental war ich im Tunnel und ich versuchte mein gutes Tempo zu halten. Schon bald erreichte ich die Halbzeit der Strecke, wo auch das erste steile Stück der Strecke bereits hinter mir lag. Ein kurzer Blick auf meine Uhr motivierte mich weiter, da ich sehr gut in meiner angestrebten Zeit lag. So puschte ich weiter, versuchte möglichst viel zu joggen und die wenigen Regentropfen waren eine gute Erfrischung. Seit längerer Zeit, in welcher ich mit der Verletzung zu kämpfen hatte, fühlte ich mich heute körperlich wieder richtig stark. Einzig ein Japaner überholte mich auf dem Weg zum Gipfel, ansonsten konnte ich meine Konkurrenten in Schach halten. Im Schlussanstieg hiess es dann nochmals voll Gas und die motivierenden Worte meiner Teamkollegen gaben mir noch den extra Kick auf den letzten Metern. Das Ziel, wo es ziemlich stark stürmte und kalt war, erreichte ich glücklich und zufrieden. Mein Ziel unter 40 Minuten zu bleiben erreichte ich ebenfalls und wie sich später herausstellte, erreichte ich mit meiner Zeit den 6. Rang U23. Für mich also ein super Start in diese Weltmeisterschaften. Wo vieles gut lief, gibt es aber auch noch Luft nach oben. Vor allem im mentalen Bereich denke ich, dass ich noch viel aus mir herausholen kann und mein absolutes Limit noch nicht erreicht habe. Mein Gefühl ist oft einfach zu gut und der Mut fehlt mir, härter zu laufen. Daran werde ich aber in Zukunft sicherlich weiterarbeiten, Erfahrungen sammeln und mich meinem Limit Schritt für Schritt annähern.

Tag 3: Ruhetag

Nach einem intensiven Wettkampf sowie einer ausgiebigen Pizza/Pasta-Party hatten wir am Samstag Ruhetag. Genügend Schlaf, gemütlich Frühstücken und anschliessend mit der Bahn hoch zum Campo Imperatore (wo auch das Ziel des Vertical Kilometers war) für ein lockeres Lauftraining sowie Besichtigung der Skyrace-Strecke. Das Laufgefühl war ganz gut und mein Körper konnte sich von der kurzen, aber sehr intensiven Belastung bereits gut erholen. Trotzdem hat es gut getan die Beine etwas zu bewegen und die Strecke machte mir einen super Eindruck. So stieg die Vorfreude für das Rennen vom Sonntag weiter an. Am Nachmittag fand dann noch die offizielle Eröffnungsfeier statt, wo sämtliche Teams vorgestellt sowie den Siegern des Vertical Kilometers die Medaillen überreicht wurden. 3 dieser Medaillen konnten meine Teamkolleginnen und Kollegen Alessandra, Roberto und Marco gewinnen und so hatten wir uns im Teamranking bereits gut positioniert. Anschliessend begann die Wettkampfvorbereitung, indem wir die Verpflegung auf der Strecke planten sowie unser Material bereit machten. Für mich persönlich immer wichtig, dass bereits am Vorabend alles vorbereitet ist, um am Renntag nicht mehr gross überlegen zu müssen. So stand einem erfolgreichen Wettkampf eigentlich nichts mehr im Wege.

Tag 4: Raceday «Skyrace»

Start des Rennens war um 08.00 Uhr, weshalb wir bereits um 05.30 Uhr Frühstück assen. Auf dem Speiseplan stand bei mir eine Schüssel «Sponser-Müesli» sowie ein Stück Bananenbrot, was für mich gut verdaulich ist und genügend Energie liefert. Mein tägliches «Berocca», eine Vitamin-Brausetablette, durfte natürlich ebenfalls nicht fehlen. Anschliessend nochmals etwas erholen, Musik hören, Schuhe schnüren und einlaufen. Mein Start verlief dann nach Wunsch und ich war froh, dass es endlich los ging. Zudem war der Start gar nicht mal so hektisch wie ich erwartet hatte und ich fand schnell einen guten Rhythmus. Im ersten Aufstieg fühlte ich mich super und lief an der Spitze mit. Das Tempo war ordentlich, aber kontrolliert. Beim Campo Imteratore, also nach ca. 1000 Höhenmetern, fasste ich mein Getränk und liess die Stöcke zurück. Sofort versuchte ich genügend zu trinken und das Tempo zu halten. Nach weiteren 200 Metern Aufstieg folgte der erste Downhill. Nicht allzu technisch und gut laufbares Gelände, wo man die Beine mehr oder weniger gut laufen lassen konnte. Ich lief zusammen mit einem Spanier, welcher anschliessend auf die kürzere Strecke abbog. Beinahe wäre ich ihm dann fälschlicherweise gefolgt, doch im bemerkte den Fehler sofort und konnte nur mit wenig Zeitverlust auf die richtige Strecke wechseln (andere Kategorie = andere Strecke). Der zweite Aufstieg war dann steil und hart. Der Untergrund hauptsächlich loses Gestein, was sehr kräfteraubend war. Meine Leistung in diesem Abschnitt durchschnittlich, also nicht langsam, aber auch nicht sehr schnell. Kurz vor dem Gipfel (Pizzo Cefalone) wurde es dann noch richtig technisch mit einigen leichten Kletterpassagen und vielen Fixseilen, welche zur Unterstützung und Sicherheit dienten. Oben angekommen erwartete mich Benjamin mit einem weiteren Getränk sowie seiner Fotokamera. Dabei sind einige coole Schnappschüsse entstanden! Im folgenden Downhill blieb es dann für einige Minuten sehr technisch, anschliessend wieder etwas besser laufbar. Körperlich fühlte ich mich immer noch stark, allerdings fehlte mir abwärts ein wenig das Training sowie Mut, um schneller zu laufen. Sicherlich auch die Passagen, wo ich auf die Schnellsten am meisten Zeit verloren habe. Gerade auch wegen der vielen Verletzungen diese und auch letzte Saison bin ich zum Teil etwas blockiert und laufe noch nicht so unbeschwert abwärts, wie ich es eigentlich tun möchte. Nach einem collen und coupierten Grad folgte der finale Abstieg zurück nach Fonte Cerreto, wo wir vor einiger Zeit gestartet waren. Ich lief weiterhin locker und versuchte meinen Rang zu verteidigen. Auf den letzten Metern musste ich dann noch zum Schlussspurt ansetzen, um einen Läufer aus Andorra einzuholen, was mir auch gelang. Das Ziel erreichte ich als 11., glücklich, müde und zufrieden. Erneut ein super Tag für mich, ohne Schmerzen in der Sehne und erneut mit vielen neuen Erfahrungen. Im Verlaufe des Nachmittags wurden erneut die Schnellsten bei der Siegerehrung ausgezeichnet und am Abend konnten wir die letzten Tage bei der Schlussfeier ausklingen lassen.

Tag 5: Rückreise

Der Rückreise-Tag war leider nicht sehr spektakulär und brachte auch keine erzählenswerten Geschichten hervor. Nach einem lockeren Recovery-Run am Morgen reiste ich um 13.00 Uhr mit dem Bus zurück nach Rom, wo ich anschliessend rund 5h auf meinen Flug warten musste. Die Zeit nutzte ich, um zu essen und die Erlebnisse zu verarbeiten. Für mich war es eine grosse Freude an einem solchen Event teilnehmen zu dürfen und mich mit den besten meines Alters messen zu können. Zudem gefiel mir die Atmosphäre und die Gesellschaft der total 28 anwesenden Nationen. Die Organisatoren des «Gran-Sasso Skyrace» hatten einen super Anlass auf die Beine gestellt und die Strecke verfügte über alle Elemente eines richtigen Skyrace! Zudem sind die Landschaften rund um Fonte Cerreto (L’Aquila) eine Augenweide und absolut einen Besuch wert. Mit meinen Leistungen bin ich sehr zufrieden, weiss aber auch, dass ich noch deutlich schneller laufen kann. Für mich aber eine grosse Motivation, um weiter hart für meine Ziele zu arbeiten und nie aufzugeben. Um ca. 20.30 Uhr war dann auch mein Flug startbereit und so endete für mich das Abenteur «Youth Skyrunning World Championships» mit einem rund einstündigen Flug nach Zürich, gefolgt von einer Zugfahrt nach Hause. 

Resultate

·     Vertical Kilometer (3.5km/D+ 1000m): 6. Rang U23 in 39’31.63

·     Skyrace (22.6km/D+ 2216m): 11. Rang U23 in 2:45’.23

·      Combined Ranking (Vertical Kilometer & Skyrace): 7. Rang U23

·     Team-Ranking mit dem Schweizer Team: 1. Rang & Weltmeister




Blog Nr. 1: 28. Juli 2019

Missglückter Saisonstart mit Pleiten, Pech & Pannen

Nach einem guten Winter mit vielen Wettkämpfen und Herausforderungen war erstmals eine Woche Erholung angesagt. Mitte April stieg ich dann hochmotiviert ins Lauftraining ein, möglicherweise etwas zu motiviert, wie die kommenden Tage zeigen sollten. Ein schnelleres Training sowie ein Longrun waren bereits genug für meine Achillessehne, welche sich mit einer starken Reizung bemerkbar machte. Mit den Gedanken im Kopf, dass alles nicht so schlimm sei, lief ich eine weitere lockere Einheit mit Schmerzen, was für den Verlauf der Verletzung sicherlich dumm war. So folgten anstatt einem guten Aufbautraining einige Tage mit Aquajogging und Krafttraining. Glücklicherweise konnte ich schon nach wenigen Tagen schmerzfrei Rennvelo fahren, was ich sofort für qualitative Trainings nutzen konnte. Nach ca. 2 Wochen musste ich mit Bedauern feststellen, dass Laufen weiterhin nicht möglich war. Es folgten also weitere Einheiten auf dem Rennrad, wo ich mit anderen Schwierigkeiten konfrontiert wurde. Zuerst war das Wetter so miserabel nass, dass ich meine Veloeinheiten auf das Indoor-Velo verlegen musste. Als sich dann die Sonne nach einigen Tagen wieder zeigte, folgte ein Materialdefekt am Rennrad, welcher leider nicht unmittelbar behoben werden konnte. So spulte ich weitere schweisstreibende Kilometer an Ort und Stelle im Keller ab, wo zwar qualitativ gute Trainings möglich sind, allerdings der Spass etwas zu kurz kommt. Zu diesem Zeitpunkt fielen bereits zwei Wettkämpfe ins Wasser (Sihltaler Frühlingslauf & Trail des Marcaires).

Die Tage vergingen und nach ca. 4 Wochen fühlte sich die Sehne im Alltag deutlich besser an. So stieg ich ins “Lauftraining” ein, wobei es sich noch nicht wie laufen anfühlte. Schmerzen hatte ich glücklicherweise keine, weshalb ich die kommenden Tage die sehr kurzen Belastungen etwas erhöhen konnte. Je länger je mehr kam das gute Laufgefühl zurück und ich machte mir Hoffnungen am Dolomiti Extreme Trail in Forno di Zoldo (IT) starten zu können. So kam es dann auch und ich reiste am Freitag an, das Rennen fand am Sonntag statt. Obwohl ich einige längere Trainings in den Beinen hatte, fühlte ich mich nicht wirklich bereit für einen Wettkampf, auch wenn die Vorfreude gross war. Ohne grosse Erwartungen startete also meine Saison bei guten Wetter über ca. 23km mit rund 1’300 Höhenmetern. Das Gefühl war gar nicht mal so schlecht und ich lief zu Beginn in der Spitzengruppe mit, anschliessend kämpfte ich im Zweikampf um den dritten Platz. Leider hatte ich das Nachsehen und erreichte das Ziel als Vierter. Meine Sehne machte gut mit bis zum letzten Kilometer, wo ich plötzlich wieder einen leichten Schmerz verspürte. Nach dem Rennen hatte ich dann Schmerzen am ganzen Körper, sogar Muskeln machten sich bemerkbar, über dessen Existenz ich zuvor nichts wusste. Aus diesem Grund musste ich erneut einige Tage aufs Lauftraining verzichten, wobei sich die Sehne aber glücklicherweise relativ schnell wieder erholen konnte. Trotzdem drängte langsam die Zeit und eines meiner grossen Saisonziele rückte näher und näher. Die Schweizermeisterschaften im Trailrunning über 73km und 4’900 positive Höhenmeter (Trail Verbier St. Bernard) wären bereits mit einer perfekten Vorbereitung zu einer grossen Herausforderung geworden, mit dem fehlenden Training und meiner Verletzung wäre ein Start aber sicherlich unvernünftig gewesen. So entschied ich mich auf das Rennen zu verzichten und mich dafür auf die kommenden Wettkämpfe vorzubereiten und einige Trainingskilometer nachzuholen. Das geplante Trainingslager in St. Moritz kam daher zum perfekten Zeitpunkt und die Motivation war sowieso riesig.

Back in the Game: Trainingslager in St. Moritz

Mit einer grossen Vorfreude reiste ich am Montag, 08. Juli 2019 mit dem Zug nach St. Moritz, wo ich zusammen mit meinem Kumpel und Trainingspartner Matteo die nächsten rund 9 Tage verweilte. Nachdem das Zimmer bezogen war, stand bereits das erste lockere Lauftraining auf dem Programm, gefolgt von einer weiteren lockeren Einheit auf dem Rennrad, wo ich den Julierpass erkunden konnte. Als dann auch Matteo im Verlaufe des Abends St. Moritz mit dem Zug erreichte, startete für uns eine Woche nach dem Motto “Keis Mass, voll Gas!”. Zudem hatte sich meine Achillessehne gut von der Verletzung erholt und daher war ich bereit einige Kilometer sowie Höhenmeter zu laufen oder fahren. Nachdem auch unser Kühlschrank mit genügend Lebensmitteln gefüllt war und wir vom Hotel (Hotel Hauser, St. Moritz) weitere Kochutensilien erhalten hatten, konnten wir uns auch kulinarisch austoben. Nun ja, um ehrlich zu sein so kulinarisch hochstehend wurde dann doch nicht gekocht, aber die Spiegeleier sind uns eigentlich fast immer gelungen. Der anschliessende Abwasch war natürlich ohne Spülmaschine auch ein riesen Spass! Der Dienstag startete mit einem Bahntraining, wo es von Spitzenathleten nur so wimmelte. Die Atmosphäre empfand ich als sehr angenehm und motivierend. Zudem war mein Laufgefühl seit längerer Zeit wieder super, was mich weiter motivierte. Aus einem lockeren Radtrainng am Nachmittag wurde dann schnell ein übermotiviertes Tempotraining, wie es die kommenden Tage noch einige Male vorkommen sollte.

Zwischen den Trainingseinheiten nutzten wir die Zeit um uns zu erholen, Netflix-Serien zu suchten oder zu essen. Zudem besuchten wir zwei Mal das Hallenbad, wo ich meine Beine mit Aqua-Jogging etwas lockern konnte. Beim zweiten Mal stand zusätzlich ein Spa-Besuch auf dem Programm, welcher uns nach den ganzen Belastungen gut getan hat. Eines der Highlight der Woche war sicherlich das lange Rennvelo-Training am Mittwoch. Von St. Moritz über den Julierpass nach Thusis, dann weiter über den Splügenpass nach Chiavenna und zum Schluss noch den Maloja-Pass um wieder zurück nach St. Moritz zu kommen, zusammengefasst rund 180km mit +/- 3’500 Höhenmetern. Ein richtiger “Premium-Tag” mit genialen Landschaften, coolen Aufstiegen und kriminellen Abfahrten, ach ja und anstrengend war es auch hin und wieder. Nach einem lockeren Tag am Donnerstag stand für mich am Freitag ein Vertical Training an. Das Prinzip war dabei ganz einfach: so schnell wie möglich von St. Moritz bis hoch auf den Piz Nair. Ein Grossteil der Strecke kannte ich bereits vom Vertical Sommerlauf, welcher jeweils im August stattfindet. Auch wenn die Beine bereits etwas müde waren, funktionierte das Training nach Wunsch. Sonntag bis Dienstag stand dann das Lauftraining nochmals im Fokus. Am Sonntag eine 2-stündige Einheit inklusive 30’ Tempo-Fahrtspiel (total 28km), am Montag ein Longrun via Pass Suvretta hoch zum Piz Nair (23km) und am Dienstag ein easy run mit anschliessenden Steigerungsläufen auf der Bahn (total 15km). Die Trainings wurden jeweils mit lockeren oder teilweise ungeplant nicht so lockeren Veloausfahrten ergänzt. Falls sich jemand meine Trainings genauer anschauen möchte, sind diese grösstenteils auf Strava online abrufbar.

Das Wetter spielte grundsätzlich die ganze Zeit mit, auch wenn es gegen Ende der Woche meistens kühl und bedeckt war. Abgesehen von wenigen Regenschauer, welche wir glücklicherweise nur vom Bett aus betrachten konnten, blieben wir immer trocken im Training. Zudem traf ich auf meinem Longrun am Montag auf eine richtige Ladung Neuschnee ab ca. 2600 m.ü.M. Etwas überraschend, aber dennoch eine gute Abwechslung zu den heissen Temperaturen. Dank der Elite-Card, welche von St. Moritz Tourismus für Athleten zur Verfügung gestellt wird, konnten wir mit sämtlichen Bergbahnen gratis fahren, was wir mit Besuchen auf dem Piz Nair sowie dem Corvatsch nutzten. Eine coole Abwechslung zum Trainingsalltag! Abgesehen von einigen Unstimmigkeiten bei der Musikwahl hatten wir eine super Zeit. Wir haben uns gegenseitig gepuscht, beim Abwasch unterstützt und gemeinsam die Müdigkeit überwunden, was die Freundschaft sicherlich weiter gestärkt hat. Eine gemeinsame Leidenschaft beziehungsweise die gleichen Interessen zu haben, macht Spass und ist nich selbstverständlich, genauso wie gesund zu sein und den Sport in dieser Art und Weise ausführen zu dürfen. Deshalb ist es wichtig dankbar zu sein und jeden Tag zu schätzen.

Zusammengefasst ist meine Saison bis jetzt also noch nicht so richtig in Fahrt gekommen, allerdings konnte ich in St. Moritz eine gute Basis für kommende Wettkämpfe schaffen. Nun gilt es dem Körper ein wenig Ruhe zu geben, um dann am 02. & 04. August in Topform zu sein, um bei den Youth Skyrunning Weltmeisterschaften in Italien angreifen zu können!